Die Kinder zur Kirche, ich schreibe an Marie Schl.(1) und R. weitere Briefe nach außen. Nachmittags zum Hause, abends zeigt mir R., was er am Morgen in Tieck’s (2) kritischen Studien gelesen, in Folge dessen wir auch den zweiten Akt des „Prinzen von Homburg“ vornehmen, kleine Enttäuschung, die Konzeption unübertrefflich, aber manches Stockende in der Ausführung, auch fehlt der große Atem, der durch Schiller’s Werke weht. Am Nachmittag, während R. ruhte, las ich ihm „Wallenstein“ und ward wiederum überwältigt von der Schönheit; glücklich das Volk, das einen solchen Dichter hat. R. erzählt von der Ungerechtigkeit Tieck’s gegen Schiller, welche entschiedener Neid gewesen sei. –
Mit Goethe dachten sie an keine Konkurrenz und bewunderten einfach. R. entsinnt sich, der Aufführung des „Prinzen von Homburg“ von welcher Tieck spricht, in der Jugend beigewohnt und diese Versuche Tieck’s für die Bühne miterlebt zu haben, „er hatte den richtigen dramatischen Sinn, wenn auch etwas lückenhaft, er ist aber an dem modernen deutschen Theater, wie es ist, gescheitert“. Die Auffassung des „Prinzen von Homburg“ seitens Tieck gefällt uns sehr. Depesche aus Wien, den Erfolg des Konzertes zu Gunsten Bayreuths berichtend.
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(1) Marie („Mimi“) Gräfin von Schleinitz-Wolkenstein (1842-1912), Freundin und Gönnerin der Wagners sowie gefeierte Salonnière
(2) Johann Ludwig Tieck (1773-1853), Kritische Schriften