R. arbeitet und vergleicht sich mit Moltke, wie er seine Bataillone anmarschieren läßt, sich immer Reserve vorbehalten muß, und sagt: Ich bin überzeugt, ich könnte Mars la Tour auch dirigieren. Bei Tisch erzählt er mir ergreifend von einem General, welcher in einer dieser Schlachten sterbend die Fahne dem Rittmeister übergibt, das Auge schließt, noch den Ruf von sich gibt: »Hoch lebe der König.« – Diese Heeresorganisation gefällt ihm, ja tröstet ihn, er erzählt mir von der Begrüßung der Offiziere durch die Gemeinen, so straff und steif bei Angermann, wobei gleich darauf aber der Offizier bei den Gemeinen sich setzt. Auch von der Unterredung der zwei Offiziere: »Guten Tag Landsmann«, »Von wo kommst – gewiß vom Dienst.« Zucht und Freiheit werden da geübt. –
Nachdem R. gearbeitet hat, treffe ich ihn abends »Oedipus« lesend, die Übersetzung mit dem Text vergleichend; »das paßt zu den persischen Decken«, sagt er, »das ist ein Schwall der Schönheit – auf ewig verschwunden – wir sind Barbaren«. Wir kommen dann auf die Scene der Oresteia zu sprechen! Kassandra mit dem Chor, und R. erklärt es als das Vollendetste, was die Menschheit in der Kunst hervorgebracht.
Abends die zweite Symphonie von Beethoven und 106 erster Satz[i] vorgenommen; von letzterem sagt er, er wisse keinen Symphonie-Satz, mit Ausnahme vielleicht des ersten der Eroica, welcher jedoch viel effektvoller durchgearbeitet sei; hier schien es, als ob es ein Spiel der ungeheuersten Phantasie sei mit allem, Sehnsucht, Schmerz, Freude, allem. [(In Paris Kampf um Tristan’s Vorspiel bei Pasdeloup, Sieg der Wagnerianer.)]
[i] Hammerklavier-Sonate B-dur op. 106 von Beethoven.