Ankunft des Bildes von Schopenhauer, ein wahres Wunder, welches Lenbach da getan! Er hat Sch., ohne zu wissen, wer er sei, einmal in Frankfurt gesehen; wie ihm später die Photographie des großen Mannes gezeigt wurde, erkannte er das Gesicht, welches ihm aufgefallen, und nun hat er einzig dieses Wesen wiedergegeben.
Ähnlichkeit mit R.: Kinn, Verhältnis vom Kopf zum Gesicht, das eine Auge eingedrückt, das andere sehr auf, der wehmütig scharfe Blick, welcher dem Genie zu eigen ist; dabei findet man den ganzen Sch. ‘schen Charakter darin, die Energie, die Sauberkeit, ja die geschäftliche Ordnung des Kaufmannssohnes. – Förmlich bedrückt mich die Gabe, wie erwidern? … –
Arthur Schopenhauer (1788 – 1860)
Den Vormittag mit Rechnungs-Durchsicht zugebracht, trauriger Einblick in die ungeheuren Ausgaben. – R. entwirft ein schönes Circular[1] an die Sänger. –
Nachmittags bin ich zu einer Damengesellschaft gebeten; während dessen hat R. eine Konferenz mit Feustel und dem Notar Skutsch. Feustel will wissen, daß Voltz die ganze Sache an Batz verkauft habe. Wie R. Feustel erzählt, wie ich zuweilen erstaunt gewesen sei, mit welch ganz auserlesenen Schelmen er immer zusammen gekommen sei, erwidert ihm F. mit Tränen in den Augen: Es sei wohl das Los des Genius, daß er gemißbraucht und betrogen werde, auf ihn aber könne er sich verlassen; mit ganzer Treue und allem, was er habe, stehe er ihm zu Gebote! … –
R. erzählt dies mit großer Ergriffenheit; abends, beinahe einschlafend, sagt er zu mir: »Du hast mich nie verraten, du bist die einzige!« – – –
Einige Gäste; d moll Sonate, Es dur etc. und Eroica von Beethoven.
[1]Einladungsschreiben an die Sänger für Proben und Aufführungen, datiert 20. Januar 1875.