Geehrte Herren!
Der zuletzt von Ihnen mir zugesandte Entwurf zu einem definitiven Vertrage zeigte mir durch seine Fassung, welchen Werth Sie auf die Gültigerhaltung des älteren Luzerner Vertrages legen, da Sie im Ernst doch unmöglich annehmen konnten, dass ich diesen neuen Vertrag unterzeichnen würde; worüber jede Erklärung mich unnütz dünkt. Nachdem ich hierüber mir klar geworden bin, scheint es mir ferner nur noch darauf anzukommen, dass ich erfahre, ob es Ihnen daran gelegen ist, gut mit mir zu stehen, oder ob Ihnen diess gleichgültig ist. Sie wissen, auf welche Bedenken ich im Betreff der Ausführung jenes ersten Vertrages in letzter Zeit gestossen bin, sowie auch dass wegen der Erblichkeit namentlich der Vertrags-Verpflichtungen Ihrerseits mir sehr begründete Bedenken erweckt worden sind. Dass Sie den, durch diese Bedenken eingegebenen, und zur Beschwichtigung derselben meinerseits abgefassten neueren Vertragsentwurf nicht annehmen wollten, bezeugt mir, dass es Ihnen beim Abschlusse des ursprünglichen Vertrages auf etwas Anderes ankam, als auf das, was Sie damals in Ihren Versicherungen gegen mich auf den Lippen trugen. Doch kommt es hierauf nicht an, und gern wiederhole ich die oft Ihnen gezollte Anerkennung des praktischen Verstandes und der grossen Rührigkeit, mit welchen Sie die verwahrloste Verwaltung eines Vermögens geordnet und ergiebig gemacht haben. Da ich nun die Bedingungen kennen gelernt habe, unter welchen Sie den vererblichen Besitz Ihrer auf jenes Vermögen gewonnenen theilweisen Ansprüche gegen einen nur zwanzig jährigen Antheil auszutauschen sich herbeilassen wollten, ziehe ich es vor, was jedenfalls auch hierbei Ihr Wille war, auf unseren ersten Vertrag zurückzugehen. Ich spreche hierfür nur diejenigen Nachträge an, welche sich auf meine Verhältnisse zu den drei Hoftheatern, Wien, Dresden und München beziehen; welche Verhältnisse, da sie damals vollkommen und unangreifbar, wenn auch zu meinem Nachtheile, geordnet erschienen, in jenem ersten Vertrage nicht berührt worden waren. Sie kennen meine jetzige Auffassung dieser Verhältnisse, sowie meine Ansicht darüber, dass nur in meinen neuesten Werken, und in der Stellung welche ich in ihrem Betreff anzunehmen gesonnen bin, die Kraft liegt, welche mir – vielleicht – noch Vortheile verschaffen kann, zu welchen kein, Ihnen einzig beschreitbarer, Rechtsweg zu verhelfen im Stande ist.
Ihre Bemühungen auch hierum werden mir dann zur Abschätzung ihres Werthes reif dünken, wenn ich irgend einen, selbst nur schwach vorbereitenden Erfolg hiervon wahrnehme, was bis jetzt noch in keiner Weise der Fall ist.
Da Sie nun zu dem hiermit bezeichneten Nachtrage zu unserem älteren Vertrage sich bei Ihrem letzten Besuche dahier bereit erklärten, so nehme ich die Fassung an, welche Sie selbst damals diesem Nachtrage gaben, und fordere Sie demnach auf, diesen Nachtrag mit Ihrer Namensunterschrift auch mir zur Unterzeichnung zuzuschicken; wogegen dann übrigens der alte Vertrag ungeändert fortbestehen möge.
Zu einer rechtsgültigen Mandats-Erteilung für meine, in jenem Vertrage nicht eingeschlossenen, neueren Werke werde ich mich dann verstehen, wenn ich aus Ihrem Verhalten ersehen werde, dass es Ihnen daran gelegen ist, mit mir in dasjenige schickliche Verhältniss zurückzutreten, welches namentlich durch Ihr Benehmen gegen meine speziellen Bevollmächtigten in empfindlicher Weise verletzt worden ist.
Es wäre mir lieb, bald Ihre Entschlüsse zu vernehmen, da ich am 11 Februar eine grössere Reise anzutreten gedenke.
Hochachtungsvoll
Richard Wagner,
Bayreuth
5 Febr. 1875