Donnerstag 4ten (4. März 1875)

Cosima Wagner Tagebücher

Mit Rich. in das Belvedere gegangen, dann zu dem armen Semper, dessen Pläne[1] angesehen; wie mich die Kuppel mit den vier Küppelchen etwas verwundert, sagt er, es sei eine Konzession, welche er gemacht, seinem Kollegen! Traurigster Eindruck. – – –

Er bleibt arm inmitten der Bestellungen, der kaiserlichen Protektion, so arm, daß er sich nicht getraut, einen Wagen zu nehmen, und sieht so fertig aus, daß ich nicht glaube, daß er lange leben wird. Dabei diese kolossalen Pläne für einen zusammenstürzenden Staat. Die Ungarn und die Deutschen bilden am Hofe zwei Parteien, erstere voller Haß gegen das deutsche Reich, ultramontan gesinnt, die zweiten für eine Alliance mit Deutschland, und freisinnig. Seltsamer Konflikt, der Kaiser dazwischen als tragische Erscheinung, unschlüssig, unsicher. Der arme Semper, von ganz Deutschland ignoriert, baut nun für diesen Staat und geht an dieser Aufgabe zu Grunde!

Abends den dritten Akt der Götterdämmerung bei Standhartners am Klavier vorgenommen.


[1] betrifft den Bau der Neuen Hofburg in Wien, gemeinsam mit Hasenauer.

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