Trinkspruch auf Hauptmann Schönaich.

Emil Heckel erinnert sich.

Wagners Aufforderung an mich in seinem Brief vom 6. Februar nach Wien zu kommen leistete ich Folge. Die Concertaufführungen von Theilen aus der »Götterdämmerung« verliefen großartig.

Materna als Brünnhilde erweckte schon damals unsere höchsten Erwartungen, während Glatz von Pest für den Siegfried sich nicht als ausreichend erwies.

Wagner wohnte bei Familie Standhartner. Eines Abends sang er uns daselbst den ganzen dritten Act der »Götterdämmerung« vor. Am Flügel saß Joseph Rubinstein. Es war überwältigend, mit welchem Ausdruck der Meister alles vortrug, und Jeder konnte sich glücklich schätzen, dem es vergönnt war, ihm zuzuhören.

Außer Frau Wagner und Familie Standhartner waren nur noch Gräfin von Dönhof, Anton Bruckner und ich anwesend.

Wagner schätzte Bruckner sehr hoch und sprach davon, seine Symphonien, die damals noch nirgends Verständniß fanden, aufzuführen. Auch die Bekanntschaft eines anderen Wiener Componisten machte der Meister in jenen Tagen. Hugo Wolf, dem wir das neue deutsche Lied verdanken, besuchte ihn als junger Mann, um ihm seine Erstlinge vorzulegen.

Beim Abendbrot brachte Wagner auf den von einer schweren Krankheit genesenen Stiefsohn Standhartners, Herrn Hauptmann Schönaich, folgenden Trinkspruch aus:

Trinkspruch auf Hauptmann Schönaich:

Mein grüner Hauptmann, halte Stand;
es ist doch wirklich eine Schand‘,
daß Dein guter Vater Stand-
hartner gar kein Mittel fand!

Nun die Krankheit ist geschwunden,
ist das Mittel leicht gefunden.
Gestern tat ich Dir was leiern,
heute wollen wir Dich feiern:

Lebe hoch und lebe lang,
mache selbst dem Tode bang!

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