Des Morgens besuche ich das Museum; leider ist die Esterhazy’sche Galerie geschlossen. Im ganzen traurigster Eindruck des ungarischen Landes, es scheint einer vollständigen Auflösung entgegen zu gehen. Der Diebstahl in der Administration an der Tagesordnung, dazu der Größenwahn – es darf kein Wort deutsch gesprochen [werden]. Das Leben ist horrend teuer; kein Bürgerstand, lediglich ein aufgeblähter, unkultivierter Adel. Die musikalischen Zustände ebenso traurig, dem Vater ist alles, jede Tätigkeit abgeschnitten, er ist eigentlich ganz fremd dort. Richter scheint sich dabei aber gut zu stehen. Konzert um 7 Uhr, nachdem wir bei dem Vater gespeist und ich mit ihm einige Besuche, unter anderem beim Pfarrer Schwendtner, gemacht habe. Sehr voller Saal, und glänzend, auch großer Enthusiasmus. Nach dem Konzert kleines Souper, wo ich noch vom Grafen Apponyi die traurigsten Mitteilungen über das arme Land erfahre! Um ein Uhr nachts heim.
Mittwoch 10ten (10. März 1875)
Cosima Wagner Tagebücher