Vollkommenes Frühjahrs-Wetter, R. aber leider immer nicht wohl, kann nicht arbeiten. Er empfängt einen Brief von Fritzsch[1], aus welchem erhellt, daß wiederum ein Brief R‘s an einen Herrn Luckardt[2] mißbraucht worden ist, und zwar gegen Fritzsch; er erwidert.
Eine andere Rubrik: Neuester Wagner-Schwindel, berichtet, daß er Frau Mallinger[3] nach Bayreuth zitiert habe, ihr die Elisabeth einzustudieren. Fester Entschluß, niemandem mehr zu schreiben, Israel wird sich nicht beruhigen. Der Dekan sagte heute, daß, wenn über R. gesprochen wird, einzig die Juden hier aigriert[4] sich dabei benehmen. Ich lese aus Zitaten von einem Roman Disraeli’s[5], wie dieser alle Größen der Kunst, Wissenschaft, ja Religion (die ersten Jesuiten seien Juden gewesen) für Israel vindiciert[6]. Sehr merkwürdige Erscheinung. – In Berlin sollen in den Lehranstalten der Ring des Nibelungen mit der Edda zugleich gelehrt werden. Den Abend wiederum verplaudert.
[1] Ernst Wilhlem Fritzsch, Verleger
[2] Fritz Luckardt, Photograph, der 1872 in Wien ein Photoportrait von RW anfertigte.
[3] Mathilde Mallinger (1847 – 1920), Wagners erste Eva bei der Uraufführung am 21.Juni 1869
[4] aigriert: erbittert, verärgert.
[5] Benjamin Disraeli, Earl of Beaconsfield (1804 – 1881), britischer Staatsmann und Romanschriftsteller, aus einer italienisch-jüdischen Familie stammend.
[6] vindiciert: von Argwohn oder Schuld befreit.