Dienstag 27ten (27. Oktober 1874)

Cosima Wagner Tagebücher

Ich hatte gestern noch Herrn Vitztum[i] aus Hannover zu schreiben, er hatte den Besuch seiner Frau (einer Sängerin) angekündigt, und dieselbe blieb einfach aus, wir vermuten die Böswilligkeit der Frau Intendantin, Komponistin von Bronsart[ii]. – 

Betz schreibt aus Berlin und scheint die Sache mit dem Fl. Holländer in Ordnung gebracht zu haben. – Immer weiter in der Schlacht bei Spichern[iii]

Nachricht von dem Tode des Herrn Wolfram[iv], Schwager R.’s; R. schreibt einen schönen Brief an seine Schwester. – 

»Viel geschmäht und viel gepriesen«, rief mich heute R. früh an; gestern abend nämlich warf er mir die Sparsamkeit vor, mit welcher ich mit Kleinen suche, den Hausstand nicht übermäßig anwachsen zu lassen … – Unser Sgraffito stellt sich über 400 Th. heraus; ich hätte unser Haus lieber ungeschmückt gehalten, doch verschweige ich dies R., welcher sich über den Schmuck freut. 

Früh zur Ruhe – R. ist müde.


[i] Oboist in Hannover Mitglied des Festspielorchesters 1876.

[ii] Ingeborg B. von Schellendorff (1840-1913) geb. Stark, Schülerin Liszts, seit 1862 mit dem Intendanten des Hoftheaters von Weimar, dann Hannover, Hans B. von Schellendorff (1830-1913) verheiratet.

[iii] Der Ungehorsam von General Steinmetz gegenüber den Befehlen von Moltke im Krieg zwischen Deutschland und Frankreich, resultierte in einer Schlacht mit enormen Verlusten, die vom großen Generalstab als „die größte Katastrophe des Feldzuges von 1870/71“ bezeichnet wurde. 

[iv] RWs Schwager Heinrich W. war am 25. Oktober in Chemnitz gest.

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