Donnerstag 29ten (29. Januar 1874)

Cosima Wagner Tagebücher

Den ganzen Morgen im Hofgarten spaziert, die Kinder auf dem Eise beaufsichtigend. R. arbeitet an dem zweiten Akt.

Nach Tisch ging er zu Herrn Feustel, welcher die Aussagen des Königs über das Dahn’sche Gedicht nicht begreift, da er bei Hofr. Düfflipp Depeschen des Sekretärs Eisenhart gesehen, welche meldeten, daß der König höchtst ungnädig gegen R. gesinnt sei! –
Augenblicklich ist die Bank in Coburg bereit, 50 000 Gulden vorzuschießen, wenn die Garantie eintrifft! 10 000 Gulden sind nun wenigstens an die Männer abbezahlt worden. –

In der Zeitung steht als literarische theatralische Nachricht, daß Laube und Dingelstedt nach langjährigem Hasse sich versöhnt haben, und als Ergebnis davon soll der „Faust“, „wie Sphinxe ragen solche Werke in unsere unfähige Kultur hinein. Nachgeholt kann das deutsche Schauspiel nicht werden, das ist versäumt worden, die Musik ist da und hat alles überschwemmt“. –

Es war mir heute noch beschieden, in furchtbarer Weise geprüft zu werden. Als die zwei älteren Kinder heraufkamen, gute Nacht zu sagen, scherzte ich mit Blandinchen über kommende Zeiten. Die Kinder entfernten sich, ich bemerkte, daß Daniella etwas sagt, rufe Blandinchen herbei und frage danach, „wie fade“, habe sie bemerkt von meinem Scherz! …

R. entsetzt, ich Stillschweigen, der Seele Ruhe gebietend, aus dieser Ruhe das Gebet der Ergebenheit stammelnd. Hier habe ich einzig hinzunehmen. Daß nicht meine Scheidung von Hans, sondern meine Ehe mit ihm eine Schuld war, erkenne ich nun mit Schrecken. Tiefe Seelenarbeit, Versuch, sie bis dahin zu schwingen, Gott für die Strafe zu danken, Entschluß, die Heiterkeit, welche R. so nottut, nicht verkümmern zu lassen; Zurückhalten der Tränen, Andacht!


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