Freitag 16ten (16. Oktober 1874)

Cosima Wagner Tagebücher

Vorkehrungen zur morgigen Abreise*, R. jammert darüber und macht mir das Schwere noch schwerer! Ich kann es nicht aufgeben und schließe nun dieses Buch mit dem Anbieten der Erfüllung einer mütterlichen Pflicht. 

Vom 16ten September 1873 bis zum 16ten Oktober 1874, was begab sich dafür Not, Leiden, wie wenig des Erfreulichen von außen, dafür aber im Inneren des Heimes immer tiefere Seelenruhe, Segen über Richard, Segen über die Kinder, Vergebung für mich erflehe ich mir hier. 

Eine liebste Seele verlor ich, es währte lang, bis ich den Kummer überwand, nun fand ich meine alte Stimmung dem Tod und dem Leben gegenüber, Formen sind es, die uns nichts anhaben können, unverloren blieb mir Marie! – – –

Flüchtig, ja hastig immer geschrieben, wird dieses Heft, glaube ich, doch meinem Siegfried ein Bild unseres Lebens geben; was er diesem Leben war, wie das teure Antlitz seines Vaters strahlte, wenn er ihm zusah, konnte ich nicht immer melden; unausgesprochen wird er sie aber wohl hierin finden, die Liebe, die auf ihn sich gelegt hat. Leb wohl du Jahr – ich altre gern, mit jedem grauen Haar erlöscht ein eigenwilliger Gedanke!

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