Freitag 24ten (24. Juli 1874)

Cosima Wagner Tagebücher

Während ich einiges auswärts zu besorgen habe, hat R. Hausnöte zu bestehen, das bringt uns nach Tisch auf allerlei Gespräche über den Zustand des Künstlers in der Welt, seine Zerstreutheit den Realitäten gegenüber; so erzählt er, daß, wie er einmal eine Partie nach [Name fehlt] mit Dr. Wille und Herwegh machte, er so müde geworden sei, daß er die Männer bat, ihn an einem gewissen Punkt zu lassen und ohne ihn weiter zu gehen; da habe Dr. Wille, in seiner Roheit vermeinend, es sei dies Trägheit, R. in [den] Rücken gestoßen und nur vorwärts geheißen, ein derbes Schimpfwort entlud R.’s Wut, und bei dieser Scene ist ihm die ganze Apostrophe von Loge an die Rheintöchter (Worte und Musik), ursprünglich nicht mit konzipiert, eingefallen! »Ja wie einen das anfliegt! Das kann man nicht sagen! Wie der Zusammenhang da steht. Wenn ich am Klavier sitze, so ist es nur, um mich zu erinnern, da fällt mir nichts Neues ein, ich suche das zu finden, was mir zuweilen in den ärgerlichsten Momenten beikam! Das empörte Minna, meine erste Frau, daß während der fürchterlichsten Scenen, die sie mir machte, ich ruhig blieb, weil mir für Tristan oder Walküre etwas einfiel.« 

Er meint, daß, weil im Ärger doch die Kräfte des Menschen angespannt sind, sein eigentliches Wesen sich da auch durch die größten Inkongruenzen (hin/durch regt; nur zur Komposition eintretend, gebeten es beizubehalten, weil es ihm war, als ob der eigentliche Einfall anders gewesen, bis er es auch fand, daß es der war; das Komponieren ist ein Suchen nach dem, was einem Gott weiß wie, wo und wann einfällt. 

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