Freitag 3ten (3. Juli 1874)

Cosima Wagner Tagebücher

Ankunft der mir von Frau Standhartner versendeten Photographien Marie Muchanoff’s, rührender Eindruck, Versetzen mit R. in Erinnerungen ihres Wesens; »sie ging daran zu Grunde«, meint R., daß sie nicht die Sprache ihres Enthusiasmus fand, welchen sie in Taten ernährte«. – – – 

Gestern sprach R. von Nicolai, welcher allerdings ohne Bach und ohne Mozart nicht wäre, jedoch aber auch ohne Auber und die Italiener nicht, seine Oper »Die lustigen Weiber« sei die Kombination, welche ein gebildeter Musiker von allen diesen Elementen macht, um zu zeigen, daß der Deutsche dies alles auch kann; auf diesem Weg aber bringen wir Deutsche es zu nichts«, – – es geht bis zu einzelnen Sachen von Weber, in der »Euryanthe«, dieses Trachten der Deutschen, sich ebenbürtig in einem fremden Stil zu zeigen. 

R. zieht »Fra Diavolo« den Lustigen Weibern« vor, weil ersterer naiv sei. »Merkwürdiges Wesen, dieser Auber«, sagt er, »so begabt, so witzig, und dabei so seicht und flach.« Die »Lustigen Weiber« für R. äußerst langweilig, während »Fra Diavolo« mit seinen Circusgestalten unterhaltend. Jedoch die Straußischen Walzer (vom alten Strauß) über Auber, weil da Feuer; auch sei es ein ächtes Produkt, das habe Wien wirklich aus sich produziert. – 

Ich schreibe einige Briefe für R. und gebe den Kindern Unterricht. Schöner Abend, die Kinder auf dem Rasen spielend; später Musik; von dem Moment im Garten sagt R.: O weile doch, du bist so schön! – – – 

Tod des Generals Concha, schön, inmitten traurigster Zustände, bei den Carlisten ist noch wenigstens Glauben und Fanatismus, die andren aber, wofür bluten sie, wie sollten sie wirklichen Heldenmut an den Tag legen? Eine untergehende Welt, traurigster Anblick.

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