Mittwoch 25ten (25. März 1874)

Cosima Wagner Tagebücher

R. immer nicht wohl, steht aber doch früh auf und arbeitet. Ich mit den Kleinen Vor- und Nachmittag im neuen Haus; viel Arbeit dort, wie R. hinkommt viel Ärger, weil große Konstruktionsfehler vorhanden! R. hat heftige Schmerzen am Fuß, soll viel gehen, seines Unterleibsleiden wegen, und kann nicht! …

Abends liest er mit in Freytag’s[i] drittem Band (Bilder aus der Vorzeit) über Luther, schönes Verständnis der Ehe Luther, prachtvolle Züge des größte Mannes; der schweigende Gott gegen die Juden – die Vögel, die den guten Menschen nicht erkennen, wie wir Gott nicht; Kaiser Karl, welcher nicht [in] einem Jahre so viel spricht als er, Luther, an einem Tage, ein Glückskind! – Ein Papist, welcher zehn Adelige überwiegt, herrlich. – 

Mich ergreift auch ein Passus von Freytag selbst sehr, wo er von de Aufgeben einer Pflicht spricht, um eine höhere zu erfüllen, und dem schmerzlichen Riß, der in der Natur dadurch entsteht!


[i] Gustav Freytag (1816 – 1895), deutscher Schriftsteller, „Bilder aus der deutschen Vergangenheit“ in vier Bänden, Hrsg. von Gustav Freytag.

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