Erinnerungen vergangener Tage und Leiden, R. beklagt mich dabei immer als ob er nicht ebenso gelitten und ertragen hätte. Mein Tag vor und nach der Mittagszeit gehört dem neuen Hause an, wo immer viel Not ist!
In den kurzen Augenblicken, die mir gegönnt sind, lese ich in der alten Ausgabe von Werther’s Leiden und bin durch die Zartheit der Empfindungen aufs neue ganz ergriffen; R. lacht, wie er mich so gesammelt einige Minuten vor dem Abendbrot darin lesen sieht, und bietet mir an, nach Tisch mit ihm darin zu lesen; ich beginne mit dem Briefe vom 22ten Mai; mit der träumenden Resignation! —- R. sagt, die Weltanschauung in „Werther“ ist das Wichtigste, nicht der Roman. –
R. hatte mit dem Buchdrucker Bonfantini* zu tun, und in Folge dessen korrigiert er auch an der Biographie**. „Ach! mit Franzosen verkehre ich gern in Geschäftssachen, nur nicht in idealen Dingen.“ – Heute blaue Tinte, eine Gabe R.’s.
* Buchdruckerei in Basel
** „Mein Leben“ Band 3 publiziert 1875 in einer Auflage von 18 Stück.