Sonnabend 28ten (28. Februar 1874)

Cosima Wagner Tagebücher

R. immer fleißig bei der Arbeit. In Wien hat Freund Feustel den Vertrag mit Professor Hoffmann vorgenommen, dieser will für das Jahr 1875 fertig sein; doch ist daran nicht zu denken. 

Des Vormittags wandre ich zum Hause mit den Kinder, nachmittags R. Abends liest er mir einige von den Gallizismen vor, wobei man sich frägt, wie es nur mit der deutschen Sprache werden wird. Auch in Gibbon gelesen. 

Zum Kaffee kamen wir wiederum auf das Nibelungenlied zu sprechen, und R. sagte: „Der Dichter wächst förmlich mit seiner Aufgabe, wie Shakespeare in ‚Antonius und Cleopatra‘; im Anfang verfährt er förmlich kompilatorisch, bis er immer mehr sieht und deutlicher mit der Tragödie.“ – 

Der Dekan hatte uns neulich nämlich sehr erfreut dadurch, daß er – von den seltenen Eindrücken berichtend, die ihm geworden und die ganz gleich auf ihn wirkten, sei es in Musik, Malerei, Dichtkunst – die Scene anführte, wo Antonius verwundet sich zu Cleopatra heraufziehen läßt. „Danach sieht man“, sagt R. zu mir, „welche unterdrückte Glut und Leidenschaft in unserem Freund liegt.“ –

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